Zentrale KSS-Reinigung für die Turbinenscheiben-Bearbeitung
MTU – diese drei Buchstaben stehen in der Luftfahrt für Technologie der Spitzenklasse. Das Unternehmen mit seiner Zentrale in München ist auf die Entwicklung, Fertigung und Instandhaltung ziviler und militärischer Triebwerke aller Schub- und Leistungsklassen spezialisiert. Das Münchner Werk ist nicht nur Verwaltungssitz, sondern auch ein wichtiger Produktionsstandort. Hier werden unter anderem Komponenten für die ökoeffizienten Getriebefan-Triebwerke von Pratt & Whitney hergestellt, die gegenüber konventionellen Antrieben rund 25 Prozent des Kraftstoffs einsparen.
Diese Triebwerke sind stark nachgefragt, weshalb die MTU diesbezüglich mit wachsendem Produktionsvolumen rechnet. Eine Prognose, die auch für den Neubau eines mehrstöckigen Produktionsgebäudes ausschlaggebend war, in dessen Erdgeschoss seit Anfang 2024 Niederdruckturbinenscheiben weitestgehend automatisiert gedreht und gefräst werden.
„Um in dieser neuen Fertigung maximale Prozesssicherheit zu erhalten, ist unter anderem eine zuverlässige Versorgung mit sauberem, exakt temperiertem KSS unerlässlich“, betont der zuständige Werkstatt-Teamleiter Zeljko Leovac. „Das lässt sich wirtschaftlich nur mit einer zentralen KSS-Anlage realisieren. Wenn jede Anlage eine eigene KSS-Anlage hätte, wäre der Platzbedarf in der Halle zu groß.“
Bereits positive Erfahrungen mit Zentralanlagen gesammelt
Dass der Auftrag für eine solche ZKSS-Anlage an KNOLL Maschinenbau, Bad Saulgau, ging, hat mehrere Gründe. Christina Braun, die für die Beschaffung der ZKSS sowie der Bearbeitungsmaschinen der Niederdruckturbinenscheiben-Fertigung zuständig war und heute deren Projektleiterin ist, berichtet: „Wir arbeiten schon seit 40 Jahren erfolgreich mit KNOLL-Systemen zur Reinigung von KSS-Emulsion, zunächst ausschließlich mit dezentralen Lösungen. Seit einigen Jahren haben wir auch zwei große KNOLL-Zentralanlagen in unseren Titan-Bearbeitungshallen installiert und sind damit sehr zufrieden.“
In der neuen Produktionshalle wird ausschließlich Inconel 718 zerspant. „Diese Späne wollten wir sortenrein rückgewinnen und dem Recycling zuführen“, erklärt Christina Braun eine wichtige Vorgabe, die KNOLL ebenso erfüllen konnte wie Forderungen nach einer technischen Verfügbarkeit von mindestens 99 Prozent, nach durchgängiger Redundanz und geringem Wartungsaufwand, Nachhaltigkeit sowie minimalem Flächenbedarf.
Die KNOLL-Anlage ist in einem separaten Anbau der Halle untergebracht, damit es im Produktionsbereich möglichst ruhig bleibt. „Das hat sich bereits bei den bestehenden ZKSS-Anlagen bewährt“, argumentiert Projektleiterin Braun. Auf rund 190 m2 befinden sich nun der 40 m3 große Schmutzwassertank mit Kratzbandförderer sowie ein ebenso großer Pufferbehälter, wenn große Wartungsmaßnahmen anstehen. Neben den Pumpen, Filtern und sonstigen Komponenten ist dort auch ein automatisierter Spänecontainer-Bahnhof vorhanden.
KNOLL-Komponenten an den Werkzeugmaschinen
Doch die KNOLL-Dienstleistung beginnt schon in der Fertigungshalle. Genauer gesagt, an den Dreh- und Fräszentren, welche die jeweiligen Maschinenhersteller mit KNOLL-Druckerhöhungsstationen ausstatten ließen – für eine effiziente innere Kühlmittelzufuhr (IKZ) der Werkzeuge.
Außerdem sind die Maschinen mit Rückpumpstationen inklusive Spänezerkleinerer für den KSS- und Spänetransport zur Zentralanlage ausgestattet. Lothar Schmid, bei KNOLL für dieses Projekt zuständig, erwähnt: „Die verwendeten Zerkleinerer haben wir speziell für die abrasiven Inconel-Späne ausgelegt und mit Originalspänen getestet.“
Bei der Gestaltung der Rückpumpstationen berücksichtigte das Projektierungsteam sowohl die Förderhöhe bis unter die Hallendecke als auch die anfallende Menge des KSS-Späne-Gemischs.
Für die Zukunft gerüstet
Das neue MTU-Fertigungssystem wird in zwei Ausbaustufen mit final acht Dreh- und sieben Fräszentren samt vollautomatisiertem Bauteil- und Werkzeugrüsten ausgestattet. In der derzeitigen ersten Stufe ist nur die Hälfte der Kapazität vorhanden. Die zweite soll langfristig bis zum Jahr 2036 realisiert werden.
Die zentrale KSS-Anlage ist schon für die Endausbaustufe konzipiert, mit einem Tankvolumen von etwa 40 m3 und einem maximalen Volumenstrom von 3.300 l/min. Zusätzlich ist ein zweiter, ebenso großer Tank installiert, in dem für große Wartungsarbeiten die komplette KSS-Menge zwischengepuffert werden kann.
Die geforderte nominale Filterfeinheit von 25 µm wird in drei Stufen erreicht: Zunächst findet im Schmutzwassertank eine Sedimentation statt. Über eine Hebeanlage durchläuft der KSS dann drei Trommelspaltfilter mit einer 0,2 mm Spaltweite und schließlich zwei Rückspülfilter, welche die Hauptfiltrationsgüte von 25 µm gewährleisten.
Umfangreiche Sonderausstattung
Um die hohe Qualität des KSS und der zerspanten Bauteile langfristig sicherzustellen, sind zusätzliche Komponenten erforderlich. So ist zum Beispiel ein KNOLL-Vakuumfilter VL1000 mit einem 20 µm-Filterflies installiert, der das rückgespülte Medium reinigt. Ebenfalls im Sinne der Badpflege tätig, ist ein im Bypass arbeitender Zentrifugalseparator. Er verhindert, dass sich feinste Partikel im KSS anreichern. Ein nachgeschalteter Magnetabscheider zieht zusätzlich den Rohrleitungsabrieb aus dem KSS, den die abrasiven Inconel-Späne verursachen. Ebenfalls vorhanden: ein Fremdölabscheider, der unerwünschte Schmierstoffbestandteile entfernt.
Gute Pflege zahlt sich aus
Zur Pflege der KSS-Emulsion gehört nicht nur die Filtration, auch die Zusammensetzung muss exakt passen. Daher ist es unerlässlich, einmal wöchentlich eine Probe zu nehmen und im Labor zu untersuchen. „Einmal für das ganze Fertigungssystem“, betont Zeljko Leovac. „Bei dezentralen KSS-Systemen muss an jeder Maschine eine Probe genommen und gegebenenfalls nachjustiert werden. Die Zentralanlage spart diesbezüglich viel Wartungsaufwand.“
Die Nachbefüllung der KSS Anlage erfolgt automatisiert. Hierbei wird entweder Stadtwasser oder VE-Wasser mit beigemischtem KSS-Konzentrat zudosiert. Auch sonstige Additive wie Fungizide und Entschäumer lassen sich automatisch hinzufügen, damit der KSS stabil bleibt. Laut Fertigungsexperte Zeljko Leovac ist dies enorm wichtig, damit „wir eine gleichbleibend hohe Bauteilqualität gewährleisten können.“ Das gleiche gilt für eine konstante KSS-Temperatur, die KNOLL über zwei Sicherheitswärmetauscher in einer Toleranz von ± 1 Kelvin hält.
Containerbahnhof zur Späneentsorgung
Wie eingangs beschrieben, fallen beim Zerspanen der Niederdruckturbinenscheiben eine große Menge Späne an. Im Falle von sortenreinem Inconel ist das kein Abfall, sondern wertvoller Rohstoff. Daher kooperiert MTU mit einem Recyclingunternehmen, das die Späne zurücknimmt, einschmilzt und als Rohmaterial erneut zur Verfügung stellt.
Zu den Aufgaben der KNOLL-Anlagenplaner gehörte es daher auch, dafür zu sorgen, dass die aus dem KSS abgeschiedenen Späne automatisiert in von der MTU gestellte Spezialbehälter abgefüllt werden. Da das Volumen eines Behälters nicht für die 40 Stunden mannlosen Wochenendbetrieb ausreicht, musste ein Containerbahnhof realisiert werden, in dem mehrere Behälter automatisch befüllt und gepuffert werden können.
Automatisierung – eine weitere KNOLL-Kompetenz
„Hierbei kamen uns die Erfahrungen aus bisherigen Projekten zugute“, erwähnt Gerhard Fink, der zuständige Gebietsverkaufsleiter bei KNOLL. „Auch die beiden anderen Zentralanlagen bei der MTU haben wir mit einer ähnlichen Station ausgestattet, die wir hier weiter verfeinert und auf die jetzigen Gegebenheiten angepasst haben.“ Besonders anspruchsvoll war es, bei den beengten Raumverhältnissen dem Gabelstapler die Aufgabe- und Entnahmestation gut zugänglich zu machen und Sicherheitsabstände einzuhalten – was letztendlich gelang.
Von Vorteil war, dass sich das Planungsteam auch auf das Know-how der KNOLL-Automatisierungsabteilung stützen konnte, die auf Fördersysteme spezialisiert ist. Entsprechend basiert die umgesetzte Lösung auf einem von KNOLL entwickelten Staurollentransportsystem, das Platz für bis zu sieben Container bietet (eine Pufferstrecke für drei volle und drei leere Behälter sowie einen Platz in der Befüllstation).
Partnerschaft auf Augenhöhe
Von der Auslegung bis zur Montage der zentralen KSS-Anlage und des Containerbahnhofs – die Zusammenarbeit von KNOLL und MTU war von großem beiderseitigem Engagement geprägt. Da stimmen alle Beteiligten überein. „KNOLL ging immer wieder auf unsere Wünsche ein“, bekräftigt Christina Braun. Lothar Schmid betont, dass die MTU sehr schnell alle erforderlichen Freigaben erteilte und die notwendigen Mittel bereitstellte, um die besprochenen Lösungen zügig umzusetzen. Zeljko Leovac freut sich insbesondere über ein Jahr ohne Störung bei der KSS-Versorgung: „Seit der Befüllung läuft die Anlage problemlos. Das wissen wir sehr zu schätzen.“
MTU – Deutschlands führender Triebwerkshersteller
Die MTU Aero Engines AG in München ist spezialisiert auf zivile und militärische Luftfahrtantriebe aller Schub- und Leistungsklassen sowie stationäre Industriegasturbinen. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 12.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es ist mit Tochter- und Beteiligungsgesellschaften in allen wichtigen Regionen und Märkten präsent. Die Stärke des Unternehmens ruht auf mehr als 90 Jahren Erfahrung, einem weltweiten Service-Netzwerk und einer Produktpalette, die Antriebe für alle gängigen zivilen Flugzeugmuster umfasst – vom Businessjet bis zum Großraumflugzeug. Die maßgeschneiderten Serviceleistungen decken den gesamten Lebenszyklus eines Triebwerks ab.
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